Mount Kinabalu – Über die Grenzen hinaus

Als unser Flieger aus dem Mulu Nationalpark verfrüht in Kota Kinabalu landet, rufen wir uns direkt ein Taxi und fahren nur 10 Minuten zum Hotel der Auftakt-Veranstaltung unser zweitägigen Tour auf den höchsten Berg Malaysias. Wir betreten das imposante Luxus-Hotel und fragen uns durch, wo wir die Expedition Mount Kinabalu finden. Die Veranstaltung scheint etwas Verzögerung zu haben, denn als wir ankommen, gab es noch nicht einmal Lunch. Es werden aktuell traditionelle malaysische Tänze aufgeführt. Wir erhalten ein rotes Shirt, wie auch alle anderen „Climbers“ und setzen uns an 2 freie Plätze, um dem bunten Treiben gespannt zu folgen. Wir kommen mit unserem Sitznachbarn ins Gespräch: Richard aus der Schweiz. Er gehört auch zu den „Bergsteigern“. Ehe ich mich versehen kann, werde ich von einem Tänzer nach vorne geholt, um den traditionellen Magunatip Bambus-Tanz zu lernen. Dabei werden 2 Bambus-Stangen rhythmisch aneinander geschlagen und die Tänzer setze ihre Füße im Takt ganz schnell immer zwischen und neben den Holzstangen ohne diese zu berühren. Wir fangen langsam an und werden immer schneller. Gar nicht mal so einfach – aber ein Riesen-Spaß. Als Dankeschön fürs Mitmachen erhalten wir anschließend eine selbstgemachte Kette aus bunten Perlen. Nach den tollen Tanzeinlagen wird ein großzügiges Lunch Buffet eröffnet. Nachdem wir uns alle die Bäuche vollgeschlagen haben, gehts auch direkt schon weiter. Schnell noch ein Gruppen-Foto mit großem Banner für die Presse und dann fährt unser Bus in Richtung Base Camp am Mount Kinabalu.

Kennenlernen im Luxus-Resort

Mittlerweile haben wir auch Catherine kennengelernt, sie ist die Gründerin der Coalition Duchenne. Ihr Sohn Dusty ist so alt wie wir und hat Duchenne. Sie hat es sich zur Lebensmission gemacht, Betroffene miteinander zu verbinden, ins Gespräch mit Ärzten zu gehen und gemeinsam die Forschung voranzutreiben. Da sie gerne wandert und irgendwann klar war, dass sie das nie mit ihrem Sohn gemeinsam machen kann, kam ihr vor vielen Jahren die Idee, für ihren Sohn und für mehr Aufmerksamkeit für Duchenne den Mount Kinabalu zu besteigen. Dieses Jahr ist schon das 11. Mal der Expedition Mount Kinabalu mit der Coalition Duchenne. Dieses Jahr sind wir insgesamt 20 Bergsteiger. Nach einer zweistündigen Fahrt erreichen wir das Basecamp, was sich zu unserer allen Überraschung allerdings als Luxus-Resort herausstellte. Als wir unser Zimmer beziehen, können wir es kaum glauben! Das ist mit Abstand das schönste Zimmer unserer gesamten Reise. Mit riesigem Balkon, Wohnzimmer, Kamin, Boxspringbett, Küche und zu meiner Freude sogar eine Heizung. Mittlerweile sind wir auf 1.800 Metern und es ist schon richtig kühl. Hinzu kommt, dass ich mich leider seit gestern zunehmend schlapp fühle. Das erste Mal auf unserer Reise habe ich das Gefühl, krank zu werden. Genau jetzt, wenn ich jede Energie für den Aufstieg brauchen werde. Nach dem Bezug der Zimmer treffen wir uns alle zum Abendessen im Speisesaal der riesigen Hotelanlage, zu dem wir ca. 5 Minuten laufen. Während wir warten bis alle da sind, lernen wir die anderen Bergsteiger näher kennen. Neben unserem Freund Jordan sind noch einige Andere dabei, mit denen wir uns direkt super verstehen. Alex aus London (der Cousin von Catherine), der auch schon seit vielen Jahren auf Reisen ist und ständig eine neue Geschäftsidee hat. Wir merken schnell, dass wir mit ihm viel Spaß haben werden. Dann Hanna aus Australien, eine absolute Naturliebhaberin, etwas jünger als wir, ein aufgeschlossenes, sympathisches Pärchen aus Frankreich, die etwas jünger als wir sind, und schließlich Richard, der schon beim Mittagessen neben uns saß. Er ist Mitte 50 und seit 2011 auf Reisen. Er lebt ein richtiges Budget-Backpacker-Leben, damit er bis zu seiner Rente damit auskommt und nicht mehr arbeiten muss. Spannender Mann. Richard ist auch Fotograf und hat einen ganz tollen Foto-Reiseblog (richardsworldtrip.blogspot.com). Auch für unser bevorstehendes Abenteuer hat er natürlich seine Kamera eingepackt. Wir stehen auf dem Balkon des Speisesaals und unterhalten und rege. Langsam klart der Himmel etwas auf und man hat einen tollen Blick auf den Mount Kinabalu. Der Gipfel liegt bei 4.095 Höhenmetern. Als wir diesen bestaunen und feststellen, dass dieser ja gar nicht so hoch aussieht, taucht plötzlich ein riesiger Regenbogen am Himmel auf. Ein absolut magischer Moment!

Es geht los: Stufe für Stufe

Nach dem Essen gehen alle zeitnah schlafen, worüber ich sehr froh bin. Denn am nächsten Morgen klingelt früh der Wecker. Leider geht‘s mir noch schlechter als gestern, die Nase ist zu und der Hals kratzt. Aber für mich ist es keine Option schon vor dem Start aufzugeben. Das ziehen wir jetzt durch. Ich werde einfach langsam machen… Nach einem gemeinsamen Frühstück und einer ausführlichen Einweisung geht es schließlich los. Wir haben noch die Möglichkeit, uns Stöcke auszuleihen und Jordan hat uns netterweise 2 Paar Handschuhe besorgt. Wir fahren mit kleinen Bussen noch ein gutes Stück zu dem Eingangs-Tor, dem Timpohon Gate. Hier wird nochmal ein Gruppenfoto aufgenommen und wir lernen unsere 4 Guides kennen. Der eine Guide ist mit seinen 73 Jahren der älteste Guide auf dem Mount Kinabalu. Wir sind alle (positiv) schockiert, als er uns sein Alter verrät. Er hat fast sein ganzes Leben nichts anderes gemacht, als den MK zu besteigen. Wow.

Nach einer kurzen Registrierung gehts jetzt wirklich los. Wir haben nun ca. 9:30 Uhr. Wir können die Strecke von NUR 6 Kilometern, aber stolzen 1.407 Höhenmetern bis zur unserer Berghütte in unserem eigenen Tempo bewältigen. Die Guides verteilen sich je nach Lauftempo immer zwischen uns und der letzte ist immer ganz hinten bei dem letzten der Gruppe. Die Wanderstrecke ist bekannt für ihren steilen Aufstieg, den wir schon früh zu spüren bekommen. Eine Stufe aus Stein reiht sich an die andere. Und wenn ich Stufe sage, meine ich keine kleinen, gleichmäßigen Stufen wie wir sie aus Deutschland kennen. Die Stufen hier sind meistens riiiiiesig und jede Stufe hat eine neue Höhe und Breite. Nach wenigen Minuten merke ich: Das wird anstrengend! Zum Glück öffnet sich durch die Anstrengung schnell meine Nase, sodass ich etwas besser Luft bekomme. Schritt für Schritt dem Ziel entgegen. Die ersten Kilometer führen durch den dichten Dschungel. Schnell ergeben sich verschieden starke Gruppen. Jordan haben wir den ganzen Tag nicht mehr gesehen. Er hat uns aber auch verschwiegen, dass er erfolgreicher Marathon-Läufer ist. Wir befanden uns meistes gegen Ende des ersten Drittels der Gruppe. Hanna hatte genau das gleiche Tempo wie wir, das Franzosen-Pärchen überholte uns oft und wir die beiden wieder, Alex lies sich hin und wieder blicken und auch der verrückte „Batman“ namens Kirby war immer irgendwo in unserer Nähe. Ein Malaysier, der mit seinem 7 Kilo schweren Kostüm einen Weltrekord aufstellt, in dem er damit auf den Mount Kinabalu steigt.

Auf der Strecke gibt es mehrere Pause-Plätze, wo man kurz Rast machen kann, teilweise mit einer einfachen Toilette. Wir bleiben manchmal kurz für wenige Minuten stehen, um was zu trinken. Aber wir versuchen uns nicht hinzusetzen, damit wir nicht auskühlen. Immer weiter. Ich kämpfe mich durch. Ich merke, dass ich natürlich nicht so viel Kraft habe, wie wenn ich komplett gesund bin. Aber es geht deutlich besser, als ich dachte. Ich halte mich aber gezwungenermaßen an meinen Vorsatz, langsam zu machen. Marwin erleichtert es mir sehr, da er alle schweren Sachen aus dem Rucksack in seinen Rucksack genommen hat und ich somit nur ganz wenig Gepäck mittragen muss. Ich habe den tiefsten Respekt vor den sogenannten „Portern“, die einem hier den ganzen Tag begegnen, die alles, was man sich nur vorstellen kann, auf ihrem Rücken den Berg hoch und runter tragen. Die einen tragen Lebensmittel, Bier, Wäsche etc. auf die Hütte hinauf, die anderen tragen Müll und andere Dinge wieder herunter. Viele der Porter tragen Gummistiefel oder einfache Flipflops. Für uns unvorstellbar. Auch wenn ich jedes Mal Mitleid mit den Männern habe, motiviert es mich immer um so mehr. Wenn die das mit x Kilo Gepäck schaffen, dann schaffe ich das auch!  Nach und nach wird auch die Vegetation weniger, aus Dschungel werden Büsche und Sträucher. Es ist schon sehr anstrengend und manchmal frage ich mich, was ich hier eigentlich mache. Aber dann wird man wieder mit einer tollen Aussicht belohnt oder man entdeckt die sich ständig ändernde Pflanzenwelt immer wieder neu für sich. Motivierend sind auch alle, die heute den Abstieg antreten. Viele kommen uns entgegen und wünschen uns „Good luck“ für den restlichen Aufstieg und für das Wetter für die Gipfelerklimmung morgen. Denn wenn es regnet, bekommen wir höchstwahrscheinlich keine Freigabe von den Park-Rangern, um auf den Gipfel zu dürfen. Die wissen, was wir gerade durchmachen und fühlen alle mit uns. Man fühlt sich einfach auf der ganzen Wanderung als Teil einer Gemeinschaft, das ist total schön und spornt uns bei jedem einzelnen Schritt erneut an. Trotzdem merke ich, wie die Kräfte schwinden und ich langsamer werde. Auch die Luft wird dünner. Meter für Meter… Schließlich erreichen Marwin und ich gemeinsam mit Hanna erschöpft, aber glücklich um 14:00 Uhr unsere Hütte Laban Rata.

Die kälteste Dusche unseres Lebens

Ich kann es kaum glauben, hier angekommen zu sein. Der Blick auf die Bergwelt lassen mein Herz sofort höher schlagen und ich weiß, dass es die Mühe wert war. In der Hütte angekommen, kann ich es kaum glauben, dass erst 6 aus unserer Gruppe vor uns angekommen sind. Wir setzen uns zu Jordan und den anderen an den Tisch und bekommen ein heißes, feuchtes Tuch serviert. Es tut so gut, damit den eingetrockneten Schweiß aus dem Gesicht zu wischen. Wir trinken dazu noch einen heißen Tee. Das ist jetzt genau das richtige für meinen Hals. Aber dann heißt es schnell ab unter die Dusche, denn laut der Aussage der Anderen ist das die kälteste Dusche ihres Lebens. Wir beziehen unser Zimmer gemeinsam mit Jordan und den beiden Franzosen und gehen schnell duschen. Als ich in die Damen-Dusche gehe, funktioniert das Licht nicht. Da es quasi keine Fenster gibt, ist es stockdunkel. Ich mache meine Handy-Lampe an und hänge das Handy irgendwie vor die Dusche. Mit viel Abstand drehe ich langsam das Wasser auf. Oh mein Gott! Das Wasser ist eeeeeeeisig!!!!! Drunter zu stehen ist keine Option! Es fühlt sich an, als würde man einfrieren, sobald man ein Körperteil unter den Strahl hält. Also wird es eine provisorische Katzenwäsche – so gut es geht. Haare werden heute nicht gewaschen. Ich muss schnell schauen, dass ich mir trockene und warme Sachen anziehe. Wir setzen uns unten im Restaurant-Bereich wieder zu den Anderen. Mittlerweile sind noch weitere Teilnehmer von unsere Gruppe eingetrudelt. Mir ist nach wie vor soooo kalt. Aber wir sitzen alle mit einer dicken Jacke da und einige von uns duschen erst gar nicht. Heißer Tee und Kakao helfen. Wir sind alle stolz, hier jetzt gemeinsam zu sitzen. Aber ich merke je länger ich hier sitze, wie platt (und krank) ich eigentlich bin. Ich habe nicht mal mehr die Kraft wirklich zu sprechen. Somit lausche ich einfach den angeregten Gesprächen der Anderen. Und dann gibt es auch schon am Nachmittag Abendessen. Denn wir müssen früh schlafen gehen, da es morgen früh um 2 Uhr los geht in Richtung Gipfel. Es gibt ein tolles Buffet mit sehr leckeren Gerichten, ein Mix aus europäischer und asiatischer Küche. Pünktlich zum Sonnenuntergang verzieht sich plötzlich ein Teil der Wolken und wir haben einen schönen Blick ins Tal. Jetzt sehen wir, welche Strecke wir heute eigentlich zurückgelegt haben. Tolles Gefühl. Und wir werden belohnt mit einem tollen Sonnenuntergang. Auch wenn es nun doch beginnt zu regnen, schauen wir durch das Fenster fasziniert der untergehenden Sonne zu. Catherine verkündet, dass immer noch nicht alle von unserer Gruppe die Hütte erreicht haben. Ohje… Hoffentlich werden die Fehlenden nicht zu sehr nass. Als wir gegen 19 Uhr ins Bett gehen, kommt gerade die Letzte aus unserer Gruppe oben an. Ohje, die Arme. Völlig entkräftet. Aber sie hat es geschafft – begleitet von dem 73-jährigen Guide. Ich erkläre ihr noch, wie es morgen früh weiter geht, in welchem Zimmer sie ist und dass sie noch zu Abend essen kann. Und dann falle ich einfach nur in mein Stockbett. Auf jeden Fall haben wir die besten Zimmernachbarn überhaupt. Von den anderen macht keiner auch nur ein Mucks, kein Schnarchen, keine sonstigen Geräusche. Das Einzige, das man ab und zu hört, ist dass jemand auf die Toilette geht, da wir alle Unmengen an Tee getrunken haben. Aber die Nacht war wirklich erholsam und ich konnte wieder Energie tanken. Immer wenn ich nachts wach geworden bin, habe ich den starken Regen von draußen gehört. Das klingt für die Gipfelbesteigung nicht gut. Auch wenn ein Teil in mir hofft, dass es morgen früh noch regnet, überwiegt der Abenteuergeist, der sich hier nicht u sonst heute herauf gequält hat. Morgen wird gutes Wetter!

Völlig entkräftet auf den Gipfel

Um halb 1 klingelt schon wieder der Wecker, da es um 1 Uhr ein keines stärkendes Frühstück gibt. Der Regen hat aufgehört. Um 2 Uhr treffen wir uns alle mit unseren Guides. Catherine lässt sich entschuldigen, da sie mit der Höhenluft zu kämpfen hat. Alle anderen sind pünktlich da. Gespannt warten wir, ob wir auf den Gipfel dürfen oder nicht, bis wir wenige Minuten später die Freigabe der Ranger erhalten. Glück gehabt! Dann gehts auch schon los. Das erste Stück sind schmale lange Treppen. Da alle Wanderer am Morgen in etwa zur gleichen Zeit starten, staut es sich ziemlich. Es ist dunkel, feucht, rutschig und jeder hat nur seine Stirnlampe, um etwas zu sehen. Aber ich muss zugeben, dass ich ganz froh bin über das langsame Tempo, da ich echt zu kämpfen habe. Die kalte Luft brennt in meinem Hals und in der Nase. Und immer wenn sich vor uns jemand umdreht und mir mit seiner Stirnlampe ins Gesicht leuchtet, sticht es in meinem Kopf. Je höher wir kommen, desto mehr spüren wir auch die Höhenluft. Gestern war das noch nicht wirklich ein Problem. Aber so ab 3.500 Metern ist das doch nochmal eine andere Nummer. Schließlich enden die Treppen und die große Gruppe verteilt sich etwas besser, da die Schnellen, die Möglichkeit haben, zu überholen. Es kommt eine lange felsige Passage, die teilweise sehr rutschig ist. An den steilen Stellen, ist auch immer ein Seil angebracht, an dem man sich hinaufziehen kann. Ab hier gibt es auch immer ein Orientierungsseil, das vor allem bei Nebel lebenswichtig sein kann, um nicht die Orientierung zu verlieren. Ich fühle mich zunehmend schlapp und kann teilweise auch keinen klaren Gedanken mehr fassen. In den steilen Passagen brauche ich alle paar Meter eine kurze Pause. Ich bin froh, dass Marwin nicht von meiner Seite weicht und dass er so geduldig mit mir ist. Aber jetzt werde ich nicht aufgeben, nicht so kurz vor dem Ziel. Zusammen schaffen wir das. Die 800 Höhenmeter ziehen sich sehr. Und nach und nach überholen uns sämtliche bekannte Gesichter aus unserer Gruppe. Es ist schön, wie alle motivierende Worte gegenseitig finden. Mir ist es ganz egal, wenn ich als letztes oben ankomme, mein einziges Ziel war es von Anfang an, Hauptsache den Gipfel zu erreichen.

Die Dämmerung schreitet immer weiter voran. Es wird heller und heller. Die Aussicht wird schöner und schöner. Marwin ist völlig fasziniert. Ich jedoch kann mich gerade nicht mal an dem schönen Ausblick erfreuen. Ich konzentriere mich einfach nur auf meine Atmung, meine Beine und dass ich Schritt für Schritt voran komme. Schließlich erreichen wir das Plateau, von wo wir den Gipfel sehen. Ich weiß nicht so richtig, ob ich mich freuen oder ob ich weinen soll. Es ist wunderschön, aber ich bin am Ende meiner Kräfte. Wie in Trance laufe ich einfach weiter und weiter. Ich schaffe das. Das Ziel ist in Sicht! Das Gute ist, dass es hier oben so kalt ist, dass man gar nicht stehe bleiben möchte. Und wir sind auch froh, dass wir nicht schon einige Zeit vor Sonnenaufgang oben angekommen sind, denn das wäre mein Tod gewesen in der Kälte. Mit der aufgehenden Sonne nähern wir uns dem Gipfel. Und ich bin froh, dass es nun schon hell ist, denn beim letzten Stück heißt es etwas Klettern. Als ich nicht mehr weiß, wo ich die letzte Kraft noch her nehmen soll, sehe ich plötzlich einen Regenbogen, der hinter einem Fels in den Himmel ragt. Das gibt es ja nicht… es beginnt mit einem Regenbogen und es endet mit einem Regenbogen. Wirklich ein magischer Moment.

Wir sehen schon die Anderen, die gerade ein Bild mit dem Banner von Catherine machen wollen. Sie warten bis wir schließlich bei ihnen sind. Mit letzter Kraft lächle ich in die Kamera. Ich kann es noch gar nicht fassen. Zum Ersten Mal gelingt es mir voller Stolz die unglaubliche Aussicht wahrzunehmen. Ich weiß nicht, wie ich das geschafft habe, aber ich habe es geschafft. Die Dankbarkeit, jetzt gerade hier oben zu stehen, überwältigen mich komplett und da kullert doch die eine oder andere Träne über mein Gesicht. Unser erster 4.000er, definitiv ein Punkt, den wir von unserer Bucketlist streichen können. Genau wegen solchen Momenten haben wir unsere Reise gestartet. Einzigartige Orte der Welt sehen, unglaubliche Menschen kennenlernen, Teil eines so tollen Teams zu sein und über die eigenen Grenzen hinauswachsen. Plötzlich ist all die Anstrengung (fast) wie vergessen. Während alle anderen so langsam den Abstieg antreten, kommen wir aus dem Staunen gar nicht raus. Wir genießen die Aussicht in alle Himmelsrichtungen. Der Einzige unserer Gruppe, der noch einige Zeit mit uns oben auf dem Gipfel verweilt, ist Richard. Egal wo er hinblickt, entdeckt er ein tolles Fotomotiv. Es wird geknipst ohne Ende. An dieser Stelle auch noch einmal ein riesiges Dankeschön an ihn, dass er uns seine ganzen tollen Fotos zur Verfügung gestellt hat. Ein Blick in die Galerie lohnt sich 🙂

Ganz langsam laufen wir schließlich auch mal los in Richtung zweites Frühstück, schließlich müssen wir im Laufe des Tages alles, was wir in 2 Tagen hinaufgestiegen sind, wieder hinunter. Immer wenn Richard seine Kamera wieder eingepackt hat und wir ein Stück weiterlaufen, entdecken wir wieder eine tolle Aussicht und die Kamera wird wieder ausgepackt. Im Sonnenlicht sieht hier oben alles einfach toll aus, das konnte man in der frühen Dunkelheit gar nicht erkennen. Wir haben mittlerweile perfektes Wetter. Wahnsinn, wie viel Glück wir damit haben. Teilweise war es auch ganz gut, dass man beim Aufstiegt nicht gesehen hat, wie steil der Weg teilweise ist.

Der Abstieg: gelenkschonend ist anders

Richard hat bei den steilen Passagen teilweise große Schwierigkeiten und ist ganz froh, dass wir ihm Gesellschaft leisten und ihm etwas unter die Arme greifen. Seine Schuhe haben kaum noch Profil, weshalb er mehrfach wegrutscht. Im Laufe des Tages sehen wir viele Leute, die ausrutschen – zum Glück geht es aber jedes Mal glimpflich aus. Je weiter wir nach unten kommen, desto wärmer sind die Strahlen der Sonne. Die Wärme tut mir aufgrund meiner Erkältung sehr gut. Wobei ich beim Abstieg keinerlei Probleme habe, ich hatte nur sehr mit dem Aufstieg zu kämpfen. Der erste Teil bis zu unserer Unterkunft zieht sich ganz schön. Richard hat zunehmend Schmerzen im Knie, weshalb wir langsam machen. Als wir irgendwann in der Hütte ankommen für das Frühstück, ist von den Anderen keine Spur mehr. Die haben alle schon den zweiten und noch längeren Teil des Abstieges angetreten. Heute sind wir eben das Schlusslicht. Aber wir wollen Richard nicht alleine lassen. Er ist sehr froh, dass wir bei ihm sind und wir genießen seine Gesellschaft auch sehr. Aufgrund seiner vielen Reisen hat er viele Geschichten zu erzählen und somit sind wir bestens unterhalten. Er hat schon viele Länder bereist, in denen wir auch schon waren. Da geht der Gesprächsstoff nicht aus.

Der restliche Abstieg gestaltet sich nochmal als größere Herausforderung als gedacht. Zum einen steckt uns natürlich noch der Aufstieg in den Knochen und auch der morgendliche Abstieg macht sich vor allem in den Knien bemerkbar. Die Nacht war auch nicht besonders lang. Und wirklich im Training sind wir alle drei auch nicht. Richards Knie schmerzte ja schon am Morgen. Und je mehr Stufen wir hinabsteigen, macht sich auch Marwins leichter Knorpelschaden so langsam bemerkbar. Ich bin sehr froh, dass der Weg runter bei mir so gut geht, aber auch ich merke es in den Knien. Wir sind uns auf jeden Fall einig: so viele Stufen sind wir noch nie an einem Tag gegangen. Richard braucht öfters mal eine Pause und hat zwischendurch immer wieder einen kleinen Durchhänger. Aber wir haben keine andere Wahl: wir müssen da heute noch runter. Kleine Trinkpausen und zwei Snack-Pausen helfen kurz wieder neue Kräfte zu sammeln. Gemeinsam schaffen wir das. Wir werden den ganzen Tag tapfer von dem ältesten Guide begleitet, der sich definitiv wackerer schlägt als wir. So langsam wünschen wir uns wirklich nur noch, dass wir bald unten sind. Man spürt jeden Schritt im Knie und ich mache mir auch um Marwins Knie so langsam echt sorgen. Als es dann auch noch anfängt zu regnen, müssen wir uns wirklich sehr anstrengen, um nicht die Motivation zu verlieren. Aber hilft ja alles nichts. Zum Glück haben wir alle Regenjacken, Regenschutz für den Rucksack etc. dabei und es bleibt auch bei einem durchgängigen, aber leichten Regen. Wir freuen uns über jedes Schild mit der verbleibenden Kilometer-Anzahl. Schließlich erreichen wir die 1-Kilometer-Marke. Ein Kilometer war auf jeden Fall noch nie so lang, wie dieser letzte am heutigen Tag. Zu unserer kleinen Aufmunterung treffen wir kurze Zeit später noch auf Sri aus Singapur, die auch aus unserer Gruppe ist. Sie hatte den Aufstieg zum Gipfel heute Morgen abbrechen müssen aufgrund ihrer Kräfte und hatte sich jetzt seither hierunter gekämpft. Innerlich freuen wir uns alle drei, dass wir offensichtlich doch nicht die letzten sind. Gemeinsam zu viert kämpfen wir uns die letzten Meter herunter. Schließlich kommen wir an die abschließende Stelle, wo eigentlich eine Brücke ist, die allerdings gerade eine Baustelle und daher gesperrt ist. Daher muss man eine steile Schlucht hinunter und auf der anderen Seite wieder hinauf. Das hat uns gestern eine halbe Stunde gekostet. Richard weiß aber von Batman vom Aufstieg, dass man wohl über die Brücke gehen kann – durch die Baustelle hindurch. Er fragt unseren Guide, ob wir nicht die Brücke nehmen können, da er nicht mehr kann. Unser Guide verneint erst, diskutiert dann aber mit dem anderen Guide, der Sri begleitet hat. Sie zögern, aber Richard lässt nicht locker. Schließlich willigen sie ein. Dieses Angebot nehmen wir natürlich dankend an. Die Brücke sieht von Nahem doch ziemlich abenteuerlich aus. Eigentlich stehen nur noch die Träger. Von unten klettern wir hinauf und müssen auf den Stahlbalken quasi über die Brücke balancieren. Oh Mann… lass jetzt bloß nichts passieren. Bei uns mache ich mir da keine Gedanken. Wir haben die Brücke auch schnell überquert. Aber um Richard, der am Ende seiner Kräfte ist und um Sri, die nicht so ganz überzeugt von der Idee aussieht, mache ich mir etwas Sorgen. Aber unsere tollen Guides lassen die beiden nicht aus den Augen und greifen ihnen unter die Arme. Schließlich sind wir alle wohlerhalten auf der anderen Seite. Zum Glück. Jetzt ist es nur noch ein letzter kleiner Berg zum Eingangstor. Der Regen wird auch stärker. Somit geben wir nochmal alles und erreichen schließlich kurz vor Richard und Sri das Tor. Wir haben es geschafft. Es ist mittlerweile 15 Uhr.  Erleichterung macht sich breit. Marwin küsst mich auf die Stirn und sagt: Ich bin sehr stolz auf dich, dass du das trotz deiner Erkältung durchgezogen hast! Gemeinsam ans Ziel! Mal wieder. Ohne Marwin, der nicht von meiner Seite gewichen ist und seiner mentalen Unterstützung hätte ich das niemals geschafft. Zusammen können wir alles schaffen!!! 

Darauf stoßen wir an!

Auf uns wartet in der tollen Hotelanlage noch ein tolles spätes Mittagessen. Ein Teil der anderen hat auf uns gewartet und ein Teil ist schon mit dem ersten Bus in Richtung Kota Kinabalu gefahren. Wirklich Hunger haben wir gar nicht. Wir hatten ja heute schon 2 Mal Frühstück und unterwegs ein paar Snacks. Aber einfach Mal hinsetzen und einen Tee trinken. Das tut gut! Als wir alle soweit sind, gehen wir zu unserem 2. Bus, der auch uns nach KK bringt. Unterwegs müssen wir uns erst Mal noch ein Hotel buchen, denn soweit konnten wir bei der spontanen Aktion noch gar nicht planen. Wir beschließen, dass wir uns eine Belohnung verdient haben und buchen uns ein großes Apartment in einer schönen Anlage mit großem Pool, Badewanne und riesigem Bett. Dort angekommen gönnen wir uns erst mal eine ausgiebige Dusche. Danach fühle ich mich, wie ein neuer Mensch! Dann müssen wir auch schon los zum abschließenden Abendessen mit Catherine und allen Bergsteigern. Nahezu alle sind gekommen und wir freuen uns alle nochmal zu sehen und gemeinsam unseren Erfolg zu feiern. Es gibt ein leckeres malaysisches Essen und anschließend bekommen wir alle noch eine Urkunde überreicht, die bestätigt, dass wir den Mount Kinabalu erklimmt haben. Danach verabschieden wir uns von den meisten. Alle sind platt und teilweise geht am nächsten Tag auch schon früh der Flieger. Als Alex dann aber noch in die Runde fragt, ob jemand noch dabei wäre, was trinken zu gehen, sagen wir natürlich nicht nein. Ich wusste, auf Alex ist Verlass. Da Marwin morgen Geburtstag hat, freue ich mich sehr, dass wir noch in kleiner Runde gemeinsam in seinen Geburtstag feiern können. Andrew aus Australien schließt sich noch an sowie das Franzosen-Paar. Richard klinkt sich aus, da er nicht mehr stehen kann. Er will sich aber morgen nochmal melden. Wir haben ihm angeboten, dass er uns besuchen und mit uns eine Runde in den Pool hüpfen kann. Da Alex ein paar Monate in KK gelebt hat, kennt er sich bestens aus und führt uns in eine kleine schöne Bar. Dort trinken wir noch das ein oder andere wohl verdiente Getränk. Schließlich schließt sich noch Alex‘ Freundin unserer Runde an. Um 12 Uhr stoßen wir auf den Geburtstag von Marwin an uns lassen das Abenteuer Mount Kinabalu gemeinsam ausklingen.

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